Skizze über die Familie von Lützow insbesondere des Hauses Eickhof / Eickelberg

von Hans-Henning von Lützow

Als Stammvater der Familie gilt der Ritter Johannes de Lutzowe - am 5.11.1287 erstmals urkundlich erwähnt. Mit dem Ort Lutzowe ist Lützow bei Wittenburg - später Anfang des 18. Jh. Dreilützow - im Unterschied zu Lützow bei Gadebusch gemeint. Drei seiner Söhne - Wipert, Johann und Borchard sind die Stammväter der heute noch bestehenden Linien der Lützows (vgl. Genealogisches Handbuch des Adels, 1990).

Nach der Familienüberlieferung sind die Lützows kein wendischer Adel sondern mit Heinrich dem Löwen als sächsische Edelinge etwa um 1150 nach Mecklenburg gekommen. Sie haben als sog. Lokatoren aus dem Ritterstand im Auftrag ihres Landesherrn die Besiedelung des Landes mit deutschen Bauern organisiert. Ihr Dienstherr war zunächst Heinrich der Löwe und nach dessen Absetzung durch Kaiser Barbarossa der Fürst Pribislaw, der vom Kaiser eingesetzte Wendenfürst und Sohn des von Heinrich dem Löwen besiegten Fürsten der Wenden Niclot.

Nach wohl überwiegender Auffassung ist der Name Lützow von dem angeblich wendischen Ortsnamen ihrer Burg Lutzowe/Wittenburg - später Dreilützow - abgeleitet. Das Wappen hat die Familie jedoch bereits aus ihrer Heimat mitgebracht. Es ist nicht - wie bei anderen mecklenburgischen Adelsfamilien - durch einen Herzog von Mecklenburg verliehen worden.

Nach einer anderen Auffassung soll das Wort Lutzowe germanischen bzw. deutschen Ursprungs sein und keinen Orts- sondern Familiennamen darstellen. Es soll "Oberhaupt der Leute" (...owe = Oberhaupt, Lütz = Leute) bedeuten. Der Edeling habe dann diesen Namen seinem Stammsitz gegeben und nicht umgekehrt (vgl. Prof. Stuhl in Würzburg, Sprachforscher, auf Seite 110 der Lützowschen Familienblätter). Nach Stuhl war die Leiter im Wappen ursprünglich keine Sturmleiter mit Haken sondern ein Abzeichen der Gerichtsbarkeit des Oberhauptes der Leute und gehörte nach altsächsischer Art zum Wappenschild. Auf den verschiedenen Epitaphen der Lützowschen Familie ist die Leiter im Wappen sowohl ohne als auch mit Haken dargestellt.

Nach alten Familienchroniken gibt es eine weitere Legende über den Ursprung der Familie. Danach sollen drei Brüder Lützow - Heinrich, Lüder und Otto - mit Kaiser Barbarossa nach Italien und auch ins Heilige Land gezogen sein und in Verona Station gemacht haben. Sie sollen dort das später als Fürsten in Verona herrschende Geschlecht der Scalier begründet haben, das ebenfalls die Leiter im Wappen führt (so zuletzt Konrad v. L. a.d.H. Goldenbow, V 1823). Ein Lützow soll 1162 bei der Eroberung von Mailand durch Barbarossa eine Leiter ergriffen und auf dieser als erster die Stadtmauer erstürmt und zu seinem Gefolge gerufen haben "Lüt ow" - Leute darauf. Daher angeblich Wappen und Namen.

Wie ich mich selbst überzeugt habe, ist in Verona das Wappen mit der 4-sprossigen Leiter in Verbindung mit den Scaliern mehrfach zu sehen, wobei von dem Stadtführer die Ähnlichkeit zu meinem Wappen mit Erstaunen registriert wurde.

Nach der "Beschreibung der Herzogtümer Mecklenburg anno 1738" von Hans Heinrich Klüversen - Mecklenburgisches Staatsarchiv - sollen sich die Lützow neben anderen sächsischen Familien nach alten Chroniken schon zu Zeiten Karl des Großen (742 - 814) in Mecklenburg niedergelassen haben und dort als die vornehmste Familie angesehen worden sein.

Mit Sicherheit ist nur festzuhalten, dass die Familie aus Niedersachsen oder Westfalen stammt und zur Zeit Heinrich des Löwen nach Mecklenburg gezogen ist.

Wipert auf Lützow bei Gadebusch - am 1.7.1321 mit der Herrschaft Grabow durch den Herrn zu Mecklenburg belehnt - ist direkter Vorfahre des Hauses Grabow - Eickhof / Eickelberg. Er war Marschall in Mecklenburg, Mitvormund des jungen Fürsten von Mecklenburg, Prior des Klosters Zarrentin. Zu seinen zahlreichen Besitzen gehörte neben Lützow bei Gadebusch auch schon Groß Salitz, Goldenbow, Hülseburg, Perlin, Groß Brütz u. a. das Amt des Marschalls war zunächst nicht erblich, wurde jedoch ständig an den in der Regel Ältesten des Hauses Grabow verliehen. Johann Lützow auf Grabow, Marschall von Mecklenburg begleitete Herzog Albrecht 1362 nach Schweden und blieb als Ratgeber bei dessen Sohn, seinerzeit König von Schweden. An seiner Stelle wurde 1362 Lüder v. Lützow auf Grabow zum Marschall ernannt. Johann konnte allerdings die Niederlage von Albrecht durch Margarethe von Dänemark und Norwegen in der Schlacht von Falköping nicht verhindern und ist wahrscheinlich in dieser gefallen.

Ein Wipert v. Lützow auf Grabow trat am 25.10.1395 als Marschall und Rat des Königs Albrecht von Schweden, der zugleich Herzog von Mecklenburg war, bei den Friedensverhandlungen mit der Königin Margarethe von Dänemark auf.


Schon damals stand fest, dass das Marschallamt praktisch für die Lützows auf Grabow erblich war. Dieser Zustand wurde legalisiert, in dem 1494 das Lehen zu Grabow abgelöst und ein Claus v. Lützow aus Grabow mit der Burg und Vogtei Eickhof mit Eickelberg belehnt wurde. Die von dem Fluss Warnow umgebene Burg war bereits Ende des 13. Jh. von Deutschen Rittern auf den Grundfesten einer slawischen Burg erbaut worden. Dazu gehörte das Gut Eickelberg, dessen Bedeutung u. a. auch darin bestand, dass dort Ende des 13. Jh. / Anfang des 14. Jh. Zisterzienser Mönche eine große Backsteinkirche errichteten. Diese Kirche diente als Parochie Kirche, d. h. als Kirche für den Amtsbezirk eines Geistlichen mit mehreren benachbarten Ortschaften.

Diese Linie wurde zu Erblandmarschällen von Mecklenburg bestellt. Das Amt hat mein Vater Hans v. Lützow noch von 1914 - 1918 innegehabt.

In Mecklenburg gab es noch aus wendischer Zeit einen Landtag, in dem die Landstände - nach der Christianisierung - bestehend aus den Prälaten, der Ritterschaft und den Städten vertreten waren. Mecklenburg war im Mittelalter in drei Kreise aufgeteilt, den Mecklenburgischen (das Herzogtum Mecklenburg-Schwerin bildend), den Wendischen (der kleinere östliche Teil von Mecklenburg) und den Stargardschen Kreis (in etwa das Land Strelitz). Ältester gemeinsamer Tagungsort der Landstände (des Landtags) war die Sagsdorfer Brücke bei Sternberg - später Sternberg selbst, unweit von Eickelberg.

Jeder Kreis wurde durch seinen Marschall vertreten. Neben den Lützow-Eickhof gab es Maltzan-Penzlin und Hahn-Basedow - letztere für den Wendischen und Stargarder Kreis. In alten Zeiten hatte der Landmarschall als Befehlshaber des Lehnsaufgebotes die Fahne des Herzogs von Mecklenburg zu verwalten und im Kampf zu führen. Die eigentliche Aufgabe des Landmarschalls würde man heute als "Sprecher des Landtags" bezeichnen. Der Landtag hatte gegenüber den Herzögen sehr starke Rechte. Es gab in Mecklenburg im Gegensatz zu anderen Ländern kein absolutes Fürstentum. Der Landtag beschloss über Krieg und Frieden, verschiedene Verwaltungsaufgaben, am wichtigsten aber über die Abgaben, so dass stets eine gewisse Abhängigkeit der Herzöge bestand. Allerdings wurde die Verwaltung des Landes durch den Landtag sehr kostensparend geführt.

Eine für die Geschichte Mecklenburgs entscheidende Handlung der Stände war die Unterzeichnung der sog. "Große Union" vom 1. August 1523 zu Rostock. Sie wurde unterschrieben von fünf Prälaten, für die Manshop (Ritterschaft) an erster Stelle von Claus v. Lützow-Eickhof, Landmarschall des Herzogtums Mecklenburg sowie sechs Bürgermeistern für die Städte. Sie enthielt die unter Eid beschlossene Vereinbarung, dass die Stände und der Landtag zu ewigen Zeiten ungeteilt für ganz Mecklenburg entscheiden und ihre alten Rechte weiterhin behalten sollten. Die Union bewirkte, dass auch bei späteren Landesteilungen ein gemeinsamer Landtag und Regierung beibehalten und damit eine Einheit von Mecklenburg bewahrt wurde.

Dieser Claus v. Lützow auf Eickhof (V 1535) - Unterzeichner der "Großen Union" - war ein in der damaligen Zeit bekannter und angesehener Ritter auf großen Turnieren. Auf dem Turnier zu Neu-Ruppin, das der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg 1512 veranstaltete und zu dem neben vielen Fürsten auch die Herzöge Heinrich und Albert von Mecklenburg erschienen, war Claus der "Erste Stabel-Herr" (Schiedsrichter). Er hat auch als Landmarschall 1506 in der Fehde Mecklenburgs gegen Lübeck die Heimatfahne geführt - wie es damals noch u. a. die Aufgabe des Marschalls war. In dieser Fehde hatte er für seinen Besitz Lützow/Gadebusch und Eickhof je 7 Pferde mit Reitern zu stellen. Claus v. Lützow begleitete als Marschall und Rat den Herzog Heinrich von Mecklenburg zum Reichstag nach Worms, wo Luther geladen war und auftrat.

Der letztmalig an der Sagsdorfer Brücke am 20. Juni 1549 abgehaltene Landtag bildete einen entscheidenden Wendepunkt für Mecklenburg; auf ihm wurde das Bekenntnis des Landes zur evangelisch lutherischen Konfession endgültig beschlossen. An diesem Beschluss hatte der damalige Erblandmarschall und Rat Joachim v. Lützow entscheidenden Anteil. Das Haus Lützow-Goldenbow blieb weiterhin katholisch. In der Turmhalle der Sternberger Stadtkirche ist dieser Landtag auf einem großen Gemälde - 1859 von Prof. Greve gemalt - verewigt. Am Bildrand sind u. a. die Wappen der maßgeblichen Ritter - auch das Lützowsche aufgeführt.

In der gotischen Backsteinkirche zu Eickelberg befindet sich ein in typischer Renaissanceform gestaltetes Hängeepitaph für Claus v. Lützow V 1578, Sohn des o. g. Joachim. Das Epitaph wurde von seiner Gemahlin Barbara v. Wangelin gestiftet. In der Mitte eine Reliefdarstellung des Jüngsten Gerichts, darunter befinden sich links Claus mit seinen 8 Söhnen und rechts seine Frau Barbara mit 2 Töchtern. Dieser Claus v. Lützow hatte damals neben Eickhof/Eickelberg mit Laase, Rothenmoor und Labentz noch erheblichen Grundbesitz im Westen Mecklenburgs. So u. a. Lützow/Gadebusch, Hülseburg, Bakendorf, Pantzow, Vietz und einen sog. 2. Hof in Groß Salitz. Er war Mitpatron der Kirche von Dreilützow und natürlich der Patron der Kirche Eickelberg. Durch Erbvergleich entstand später eine Abtrennung der Häuser Lützow/Gadebusch, Hülseburg und Bakendorf-Vietz. Nur Eickhof/Eickelberg blieb bis 1945 im Besitz der gleichen Familie.

Der Sohn Christophs (auf dem Epitaph der sechste von links) - ebenfalls Christoph aus dem Hause Eickhof-Bakendorf ist nach Schweden ausgewandert. Er wurde dort 1658 Hofmarschall der Königin Hedwig Elionore und 1665 Hofmarschall von König Karl XI. von Schweden. 1660 wurde er als schwedischer Adeliger introduziert. Diese Linie ist erloschen.

Auch ein Joachim Wilhelm v. Lützow aus dem Hause Eickhof wurde am 5. Juli 1668 als schwedischer Edelmann und Hofmarschall des Königs auf Ronaes im Kirchspiel Fasterne/Roshagen unter Nr. 733 introduziert. Diese Linie ist ebenfalls erloschen. Das Lützowsche Wappen ist im schwedischen Ritterhaus in Stockholm zweimal angebracht.

Ein Lützow aus der Linie Pritzier/Schwechow verkaufte 1654 u. a. an den Erblandmarschall August von Lützow a. d. H. Eickhof den Besitz Goldenitz. Dessen zweiter Sohn August erhielt Goldenitz und gründete das Haus Schimm- Groß Brütz - später katholisch, böhmischer Freiherrnstand (Wien 10.2.1786).

Kaspar Heinrich v. Lützow, *2.4.1807 in Groß Brütz V 6.1.1879 auf Schloss Lützow bei Pirna war königlich niederländischer Generalmajor auf Java/ Niederländisch Indien.

Ein Überblick über den weitverzweigten Besitz der Lützow Anfang des 17. Jh. ergibt sich aus dem Bericht des Archivars Joh. Schultze über den Rittersaal zu Rehna - einst Sitz der Herzogin Sophie von Mecklenburg. Diese hatte im Rittersaal "jeden von Adel" mit Namen und Wappen aufmalen lassen. Von Joh. Schultze wurden die im Jahre 1616/17 aufgeführten Adeligen mit ihrem Besitz festgehalten. Es waren hierunter 16 Lützows und zwar im Amt Schwerin: Volrad v. L. auf Vietz; im Amt Gadebusch: Hans v. L. auf Dutzow, Hartwig v. L. auf Thurow, Volrad v. L. auf Salitz, Matthias v. L. auf Lützow und Eickhof; im Amt Mecklenburg: Vicco v. L. auf Modentin; im Amt Wittenburg: Valentin v. L. auf Goldenitz, Diederich v. L. auf Harst, Henneke v. L. auf Wölzow, Christoph v. L. auf Bakendorf, Bernhard v. L. auf Hülseburg, Adam v. L. auf Dreilützow, Cord v. L auf Perlin, Henneke v. L. auf Schwechow, Wipert v. L. auf Goldenbow, Joachim v. L. auf Pritzier. Die Namen ihrer Frauen waren in Klammern angegeben.

Über die Jahrhunderte haben die Lützows mehr als hundert Besitze innegehabt. Durch Erbvergleiche und Verkäufe - insbesondere nach dem Dreißigjährigen Krieg - gingen zahlreiche Besitze in andere Hände über. Am Ende des zweiten Weltkrieges 1945 waren nur noch das Haus Eickhof/Eickelberg mit den Gütern Eickhof und Eickelberg und das Haus Groß Salitz mit dem Gut Groß Salitz im Besitz der Familie.

Eickhof/Eickelberg (zusammengenommen) und Groß Salitz hatten jeweils weit über 1000 ha Land und Forst.

Die Wasserburg Eickhof wurde nach einem Brand Anfang des 19. Jh. nur teilweise wieder aufgebaut und von Pächtern bewohnt. Die verbliebenen Teile der Burg wurden in späterer Zeit - insbesondere während der DDR - für andere Bauten verwandt, so dass heute nur noch ein mit Büschen und Bäumen bewachsener Hügel auf den Mauerresten steht.

Die Familien mit ihren Gütern wurden durch die kommunistische Verwaltung in der damaligen sowjetischen Besatzungszone Ende 1945 enteignet. Die Bundesrepublik hat diese Enteignung nach der Wiedervereinigung nicht rückgängig gemacht.

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Eickelberg (vor 1945)

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Eickelberg (1997)